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Wanderung des Zenits der Sonne


Aufgrund der Neigung der Erdachse (wenn wir uns die Eigenrotation der Erde um sich selbst für einen Moment „wegdenken“ lässt sich dieses Phänomen leichter visualisieren) befindet sich auf der alljährlichen, elliptischen Bahn der Erde um die Sonne mal die Nordhalbkugel und mal die Südhalbkugel näher an der Sonne. So entstehen in den gemäßigten Zonen die vier Jahreszeiten.

Da sich die Erde nun glücklicherweise auch um sich selbst dreht – sonst würde die Sonne nicht nur nördlich und südlich der Polarkreise, sondern auf einer ganzen Erdseite für sechs Monate nicht auf- bzw. untergehen –, beschreibt die Sonne, wenn man sich täglich zur Mittagszeit, d.h. dem höchsten Punkt der Sonne, einen bestimmten Längengrad der Erde über das Jahr hinweg anschaut, eine ganz bestimmte Bahn, die Ekliptik.

Wenn wir bspw. am 22. Dezember eines jeden Jahres (da sieht man mal, wie konstant und beständig die scheinbare Bahn der Sonne ist) in Windhuk in Namibia genau zur Mittagszeit, wenn die Sonne am höchsten steht, einen Schnappschuss von der Sonne machen, dann steht uns die Sonne direkt im 90°- Winkel über dem Kopf, im sog. Zenit. An allen anderen Orten entlang dieses 15° östlichen Längengrades wird die Sonne am 22. Dezember nicht direkt im Zenit stehen, sondern nur weniger als 90° an Höhe erreichen.

Von Windhuk 15° östlich auf dem südlichen Wendekreis von diesem Tag der Wintersonnenwende (auf der Nordhalbkugel, aus deren Sicht die Bezeichnung vergeben wurde, herrscht nämlich am 22. Dezember Winter) ausgehend, steht die Sonne, wenn sie in den nächsten drei Monate bis zum 21. März zur Mittagszeit am höchsten steht, nach Norden wandernd an jeweils anderen Orten direkt im 90°-Winkel über dem Kopf: zunächst in Namibia, dann in Angola und danach in Kinshasa in der Demokratischen Republik Kongo.

Zur Frühjahrs-Tag-Nachtgleiche am 21. März steht sie dann im Kongo am Äquator direkt 90° über dem Kopf, wenn sie dort zur Mittagszeit (die Erde dreht sich ja ostwärts weiter um ihre eigene Achse, d.h. vor dem Mittag „hin zur Sonne“ und nach dem höchsten Sonnenstand zu Mittag wieder „weg von der Sonne“) ihren höchsten Punkt erreicht.

An alle anderen Orten auch innerhalb der Wendekreise, wo die Sonne schon oder noch nicht im Zenit stand, erreicht die Sonne nur noch weniger als 90° an Höhe, so zB in Windhuk am südlichen Wendekreis.

Aber auch südlich des südlichen Wendekreises in den Subtropen und nördlich des nördlichen Wendekreises in den Subtropen (zwischen 25 bis 40° südlicher bzw. nördlicher Breite), der gemäßigten Zone (zwischen 40°und 60° nördlicher Breite, bspw. in Neapel 41° nördlicher Breite, in Graz 47° nördlicher Breite, in Prag 50° nördlicher Breite, in Berlin 52,5° nördlicher Breite, bei Kopenhagen/ Malmö 55° nördlicher Breite oder in Stockholm 59° nördlicher Breite) bzw. der kalten Zone (zwischen 60° und 90°, bspw. im schwedischen Östersund 63° nördlicher Breite, am Polarkreis im norwegischen Kaltdalen 69° nördlicher Breite oder in Spitzbergen 79° nördlicher Breite) wird die Sonne nicht den Zenit, sondern ganzjährig nur weniger als 90° an Höhe erreichen.

Was nicht heißen soll, dass die Sonne nicht auch außerhalb der Wendekreise und auch außerhalb der Polarkreise die eine unentbehrliche, licht- und energiespenden-de Lebensgrundlage für Flora, Fauna und Mensch gleichermaßen ist. Was würden wir bloß ohne Sonne tun!

Jedenfalls wandert der Zenit der Sonne ab dem 21. März vom Äquator aus weiter nördlich durch Bocaranga in der Zentralafrikanischen Republik (7° nördliche Breite), N’Djamena im Tschad (12° nördliche Breite), die Große Sandwüste von Bilma in der nigerianischen Sahara (15° bis 22° nördliche Breite) und erreicht am 21. Juni den nördlichen Wendekreis in Murzuk an der lybisch-Tschad-nigerianischen „Grenze“ in der Sahara (23,4° nördliche Breite).

Zur Mittagszeit, wenn ich mich von der Saharawanderung etwas ausruhe, kann ich dort im Sand liegend und 90° nach oben schauend direkt im Zenit in die Sonne schauen. Ist das nicht toll! Das kann entlang des gesamten 15ten östlichen Längengrades von Windhuk bis Spitzbergen zu diesem Zeitpunkt niemand sonst!

Zu dieser Zeit dort liegend, müsste sich am Fixsternhimmel hinter der Sonne zudem genau die Grenze zwischen den Sternzeichen Zwilling und Krebs befinden, denn an diesem Tag der Sommersonnenwende, ab dem die Tage auf der Nordhalbkugel wieder kürzer werden, tritt die Sonne astrologisch gesehen in das Sternzeichen Krebs ein.

Nur werde ich weder Krebs noch Zwilling am Himmel sehen können, weil die sengend heiße Sonne einfach zu hell ist.

Angenommen, ich bleibe dort genau zwölf Stunden liegen und bin noch lebendig, dann ist es in Murzuk in der lybisch-Tschad-nigerianischen Sahara tiefste Nacht:

Seit der Mittagszeit hat sich die Sonne aus dem Zenit, wenn ich 90° nach oben schaue, langsam westwärts zum Horizont „wegbewegt“. Mit Sonnenuntergang hat sie auch schon die 0°- Horizontlinie durchkreuzt.

Während im Osten die Sterne aufgehen, „bewegt“ sich die Sonne unter dem Horizont stetig „weiter“. Nun – in der tiefsten Nacht des 22. Juni – befindet sie sich direkt unter mir, d.h. ich sehe die Sonne nicht mehr 90° nach oben schauend im Zenit, sondern -90° nach unten schauend im sog. Nadir.

Könnte ich dort in der Nachtwüste liegend nach unten durch den Sand einmal quer durch die Erde hindurch auf der anderen Erdseite vom Ozeangrund des pazifischen Ozeans nach oben zur Meeresoberfläche und durch sie hindurchschauen, dann würde ich den südpazifischen Tageshimmel bei den Cook-Inseln nahe Neuseelands (165° westliche Länge, 23,4° südliche Breite) sehen.

Dort ist gerade Mittagszeit des 21. Juni, denn ich befinde mich noch vor der Datumsgrenze 180° westliche/östliche Länge, bei der, wenn ich sie bspw. zu den Fidschi-Inseln von westlichen zu östlichen Längengraden nach Westen hin durchquere, ich einen ganzen Tag hinzurechnen muss (unter Seefahrern heißt es deshalb auch: „Von Ost nach West, halt’s Datum fest; von West nach Ost lass‘ Datum los“).

Da ich mich jedoch nicht am 21. Dezember aus der Saharawüste durch den Sand zu den Cook-Inseln auf den südlichen Wendekreis hin „träume“, sondern ein halbes Jahr später (oder früher, je nach Perspektive) am 21. Juni, steht die Sonne zur Mittagszeit auch nicht direkt über mir im Zenit, sondern erreicht nur eine geringere Höhe als 90°.

Um dennoch an diesem Tag des 21. Juni die mittägliche Sonne 90° über mir im Zenit erblicken zu können, müsste ich mich schon noch schnell von den Cook-Inseln auf dem südlichen Wendekreis entlang des 165ten westlichen Längegrads nach Norden auf den nördlichen Wendekreis hin träumen, und siehe da: ich bin in Honululu, Hawai (165° westliche Länge, 23,4° nördliche Breite).

Das klingt doch vielversprechend. Oh, wie schön, erstmal entspannen: „Aloa Hé, aloa hé … wir tanzen Hula, Hula, und haben einen im Tee … Aloa Hé, aloa hé … die Sonne scheint, ja hier sind wir vereint“.

Ok, nun kann es weitergehen.

Denn auch wenn die sengende „Honululu-Sonne“ zumindest zur Mittagszeit dieses 21. Junis direkt 90° über mir im Zenit steht und wir bei Wellenrauschen und Ukuleleklängen Hula-Hula tanzen und Kokusnussmilch trinken und ich zwischen Palmen in der Hängematte in der Sonne liege (da nur ein minimaler Schatten im 90° Winkel unter den Palmen entsteht, ist zwischen den Palmen auf der Hängematte Sonnenlicht), werde ich (auch hier) in Honululu nicht die Sternzeichen Zwilling und Krebs, deren Grenze die Sonne an diesem Tag der Sommersonnenwende, wenn sie astrologisch in das Sternzeichen Krebs eintritt, übertritt, erblicken können.

Wieso also überhaupt den Kopf in den Sand stecken!

Doch wenn nun unabhängig davon, ob ich mich auf Hawai oder in der Sahara (oder anderswo auf der Welt befinde), ich die Sternzeichen Zwillinge und Krebs wegen des Sonnenlichts am und um den 21. Juni nicht mit bloßem Auge zu Gesicht bekomme (bzw. wenn, dann nur sehr kurz zunehmende Teile des Sternzeichens Zwillinge morgens vor Sonnenaufgang bzw. abnehmende Teile des Sternzeichens Krebs abends nach Sonnenuntergang), dann bedeutet dies auch, dass ich die gegenüberliegenden Sternzeichen Schütze und Steinbock am nächtlichen, nördlichen Wendekreis (ob nun in der Sahara oder auf Hawai) sehr wohl und gut und lange zu Gesicht bekomme.

Schon direkt nach Sonnenuntergang am östlichen Horizont aufgehend, begleiten mich die Sternzeichen Schütze und Steinbock nämlich die ganze Nacht hindurch.

Zur Mitte der Nacht hin steigen sie bis zu ihrem Zenit 90° nach oben auf, wo-raufhin sie sich dann in der zweiten Nachthälfte westwärts langsam wieder hernieder lassen, bis sie dann in der frühen Morgendämmerung, wenn die ersten Sonnenstrahlen von Osten kommend den Himmel durchfluten, schließlich am westlichen Horizont untergehen.

Den Kopf also nicht in den Sand steckend, blicke ich um Mitternacht direkt 90° nach oben in Richtung Zenit: über mir – so die Erwartung – müsste ich nun exakt die Grenze zwischen den Sternzeichen Schütze und Steinbock sehen...

... so gut es geht, versuche ich den Fokus aufrechtzuerhalten, was eine echte Herausforderung ist...

... die überwältigende Schönheit des über den nächtlichen Wüstendünen der Sahara emporragenden Sternenhimmels ist nämlich einfach unfassbar... 

... überall funkelt es und glitzert es und „sternschnuppert“ es in dieser kühlen Wüstennacht. Was für ein prachtvoller Anblick!

(Fortsetzung im Post ,,Präzession der Erdachse")

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